New Work ‒ Selbstmanagement ‒ Digital Workflow : Beiträge von 2012 bis 2015
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Die Khan Academy: Ein virtueller Klassenraum

Salman Khan hat weitreichende Visionen. Der Entwickler der Khan Academy, der sich für freie Bildungsangebote engagiert, möchte (Schul-)Bildung humanisieren und weltweit verfügbar machen. Auf der Seite der Khan Academie und auf dem Youtubekanal gibt es Lehrvideos zu verschiedensten Themen.

In den Videos erklärt Salman Khan an einer virtuellen schwarzen Tafel mit virtueller Kreide ein Thema mit eingebetteten Karten und Bildern. Die Angebote richten sich sowohl an Schüler als auch an Studierende und Erwachsene. Der Schwerpunkt liegt auf Mathematik und geht von Arithmetik bis zu linearer Algebra und Differentialgleichungen.

Lektion zum Bürgerkrieg auf der Khan Academy.

Die Idee zur Khan Academy entstand als Salman Khan 2004 Mathematikunterricht für seine Cousine geben wollte. Er arbeitete zu dieser Zeit als Hedge Fond Analyst in Boston, seine Familie kommt aus der Gegend von New-Orleans, und so machte er kleine Lernvideos zu Mathematik und stellte diese auf Youtube. Nach wie vor bietet die Khan Academy vor allem Videos zu Mathematik und Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften oder Kunst sind dagegen schwächer vertreten mit einigen wenigen Videos zur Geschichte und Kunstgeschichte.

Die Videos von Salman Khan wurden 2004 schnell auf Youtube berühmt und er bekam sehr positive Rückmeldungen von anderen Menschen, die seine Lehrvideos nutzten. Und so wurde die Khan Academy geboren, aus der kleinen Idee am Anfang entwickelt sich ein virtueller Klassenraum für alle. Eine kurze und knappe Zusammenfassung der Entstehung gibt Khan auf einer Ted-Konferenz 2011.

Videos und Aufgaben

Khan gibt noch einen Schritt weiter und entwarf neben den Videos auch Übungen zur Mathematik. Es gibt Basisübungen mit Aufgaben in Arithmetik, dann Algebra und es geht bis zu lineare Algebra und Differentialgleichungen. Vor allem diese Angebote scheinen sehr sinnvoll für Schüler zu sein und machen die Khan Academy zu einem richtigen Lehrmittel in Mathematik.

Bei der Vermittlung von Mathematik besteht ein großes Problem darin, dass Schüler im Laufe einer Schullaufbahn viele Lücken im Grundwissen haben, die von Klassenstufe zu Klassenstufe bestehen bleiben, und dann zu einem „Schweizer-Käse-Modell“ von Mathematik führen (Khan, Ted 2011). Da in Mathematik alles aufeinander aufbaut, werden die Leistungsunterschiede schließlich in den höheren Stufen sehr groß.

Die Khan Academy hat in der Didaktik für dieses Problem einen eigenen Ansatz. Khan versteht Mathematik eher als ein Bündel komplexer Fähigkeiten, die aufeinander aufbauen. Um das zu lernen, ist es sinnvoll, jede Stufe oder Grundfähigkeit in Mathematik wirklich zu beherrschen und erst dann weiter zu gehen. In den Übungen auf der Khan Academy lernt man Mathematik, wie anderen komplexen Fähigkeiten auch, man meistert sie Schritt für Schritt.

Die einzelnen Wissensgebiete der Khan Academy sind in einer sogenannten „Knowldege-Map“ organisiert.

Bein einem Instrument oder einer Sportart lernt man auch von einer Basis aus komplexeren Bewegungen und Fähigkeiten. Man lernt zuerst wie man Töne produziert, darauf aufbauend spielt man Reihen und Tonleitern, dann einfache Melodien usw. Diese einzelnen Fähigkeiten bauen aufeinander auf, und genauso sind die Übungen der Khan Academy organisiert. Bei den Übungseinheiten gibt es zu einem Thema 10 Aufgaben, die alle gelöst werden müssen, und man kann erst „weiterkommen“, wenn man wirklich alle Aufgaben korrekt gelöst hat. Die Knowledge-Map hinter den Aufgaben erinnern in der Tat an Fähigkeitsbäume in Computerrollenspielen.

Didaktisch geschickt ist dieses Verfahren insofern, als dass es eine spielerische Komponente hat (man kommt wie in einem Spiel von Stufe zu Stufe weiter) und gewährleistet, dass alle Schritte auf einer Ebene wirklich verstanden wurden (man muss alle Aufgaben korrekt gelöst haben, um weiterzukommen). Man kann mit den Übungen also auch Lücken im eigenen Wissen aufdecken: Kann man die Übungen zu einem Aufgabengebiet nicht lösen, nimmt man die Aufgaben auf der Ebene darunter, solange, bis man auf einer Ebene alle Aufgaben lösen kann. Auf diese Weise kann man dann Mathematik Schritt für Schritt aufbauen und auch autodidaktisch lernen.

Die Khan Academy an Schulen

Die Khan Academie wird inzwischen auch von Lehrern in den USA angenommen. Mathematiklehrer nutzen die Videos, um einen besser auf die einzelnen Schüler angepassten Unterricht zu gestalten. Die Schulen haben damit anscheinend sehr gute Erfahrungen gemacht. Mit dem Einsatz der Khan Academy verbessert sich das Leistungsniveau von Schülern in Mathematik sehr schnell, am Anfang brauchen die meisten noch länger für die Aufgaben, die Schüler entwickeln dann aber ihre mathematischen Fähigkeiten sehr viel schneller als ohne die Khan Academy.

Leistungsniveau eines Schülers nach Einführen der Khan Academy im Unterricht.

Was ist die Aufgabe der Lehrer? Der „Offline-Klassenraum“ wird mit der Khan Academy nicht abgeschafft. Lehrer können viel mehr Zeit mit Anwendungen und Experimenten verbringen, da die Khan Academie ihnen die reine Wissensvermittlung zu einem Teil abnimmt. Auch können sich Lehrer gezielt um diejenigen Schüler kümmern, die Schwierigkeiten mit einer Klasse von Aufgaben haben – das könnte auf längere Sicht weitreichende Folgen haben.

Man könnte Klassen generell auflösen und Schüler nach ihren tatsächlichen Stärken in Kurse zusammenfassen. Die Schule könnte dann in Mathematik vollständig aus Kursen bestehen, die Schüler je nach Leistungsstärke besuchen. Eine kleine Revolution ist die Khan Academy aber jetzt schon. Die Geschichten von Studierenden und Schülern, die mit den Kursen von Salman Khan Prüfungen geschafft haben oder sich Möglichkeiten zum Studium erschlossen haben, zeigen, welches Potential in der frei zugänglichen Bildung liegt.

Text: Michael Lindner

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