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Die Lernplattform Degreed im Test

Mit dem Slogan „Jailbreak Education“ formuliert Degreed den Anspruch, Bildung aus den engen Fesseln der formalisierten Ausbildungswege zu befreien und flexibler zu gestalten. In den USA gewinnt die Plattform an Popularität. Wie funktioniert das Lernen auf Degreed? Ist die Plattform auch für den deutschen Bildungsmarkt geeignet?

Viel ist von der neuen Flexibilität beim E-Learning die Rede. Online-Kurse und digitale Lerninhalte sind heute sehr einfach zugänglich. Sie können Seminare und Weiterbildungen zu den verschiedensten Themen online besuchen und absolvieren. Digitales Lernen ist heute aber noch stark fragmentiert (es gibt viele verschiedene Anbieter) und lässt sich schwierig dokumentieren und vergleichen. Sie bekommen zwar Zertifikate und Nachweise, wie lässt sich Gelerntes nachweisen? Wie lassen sich auch informelle Lerninhalte im Überblick behalten ? Wie können Sie verschiedene Onlinekurse vergleichen und transparent machen?

Auf diese Fragen möchte Degreed eine Antwort bieten, indem Sie neue digitale Möglichkeiten und klassische Bildungsabschlüsse auf einer Plattform zusammenführt. Laut dem PC-Magazin handelt es sich bei Degreed um drei Produkte in einem. Degreed bietet ein System, das Ihr Lernen misst und verwaltet, die Plattform bietet zweitens ein Ökosystem für das Lernen. Und als dritter Punkt ist Degreed auch ein Portal für Unternehmen, die das Lernen Ihren Mitarbeiter transparent machen wollen.

Ein Dashboard für das Lernen

Wenn Sie sich auf der Seite von Degreed anmelden, sehen Sie zunächst eine Art Dashboard für Kurse, Seminare, Artikel und Bücher. Sie können bei Degreed Interessengebiete angeben und bekommen dann Vorschläge für MOOCs, Seminare, Lernvideos und Artikel aus verschiedenen Quellen. Die Auswahl umfasst die großen E-Learning Anbieter: Udemy, Coursera, Lynda, TedEd und die Khan-Academy sind mit dabei. Das Angebot ist zum großen Teil englischsprachig, sie finden aber auch einige Online-Kurse aus deutschen Fachhochschulen und Universitäten. Über die iTunes University beteiligen sich auch deutsche Bildungsinstitutionen an Degreed.

Diese Vorschläge bekommen Sie anhand der Interessengebiete, die Sie eingeben. Neben eine Sammlung verschiedener Artikel und Seminare bietet Degreed Ihnen auch kuratierte Seminare an. Das sind Sammlungen, mit denen Sie ein Thema ausführlich erschließen und die Kurse aufeinander aufbauen. Zum Beispiel bekomme ich, wenn ich das Thema „Marketing“ einstelle eine Zusammenstellung für einen Marketing-Kurs vorgestellt. Dieser Kurs enthält mehrere aufeinander aufbauende Seminare und Artikel zu verschiedenen Aspekten des Marketings.

Insgesamt bietet Degreed eine sehr umfangreiche Sammlung an Lernmaterialien aus verschiedenen Quellen. Damit funktioniert die Seite wie ein Ökosystem für die Bildung: Sie können Inhalte verschiedenster Anbieter über Degreed erhalten. Neben Onlinekursen gibt es Erklärvideos und Texte. Die Kurse und Artikel sind größtenteils englischsprachig. Damit ist Degreed eine übersichtliche Plattform für Weiterbildungen und für das Lernen. Sie können unkompliziert Quellen zu einem Thema kombinieren und finden an einer Stelle gebündelt digitale Weiterbildungen zu Ihren Interessen. Die Stärke von Degreed liegt aber sicher in dem Punktesystem, mit dem Sie Ihre Weiterbildungen dokumentieren können.

Das Punktesystem

Für jeden absolvierten Kurs und jedes gelesene Paper oder Lernvideo, was Sie sich angeschaut haben, bekommen Sie Punkte gut geschrieben. Je nach Kurs oder Artikel bekommen Sie unterschiedlich viele Punkte: Ein Artikel oder ein Erklärvideo trägt nur einen oder sogar nur einen halben Punkt bei. Wenn Sie ein Buch zu einem Thema lesen, bekommen sie mehr Punkte, ein Online-Seminar trägt dann noch mehr Punkte bei. Das ist eine sinnvolle Funktion, um Ihren Fortschritt zu dokumentieren, vergleichbar zu machen und kann Sie auch motivieren. Um regelmäßig zu lernen und an ein einem Thema dranzubleiben helfen kleine Erfolge weiter. Gerade bei Lernen, wie beim Sport ist der Regelmäßigkeit entscheidend, das Punktesystem unterstützt die Entwicklung einer Lerngewohnheit.

Mit diesen Punkten können Sie auch Ihre Kompetenzen dokumentieren. Die Profile auf Degreed können öffentlich geschaltet werden und Sie können Ihr Kompetenzprofil per Link oder Schaltfläche auf Ihrer Seite oder in sozialen Netzwerken einbinden. Bei Degreed geht es nicht nur um Online-Lernen, Sie können buchstäblich alle Kompetenzen einbinden. Klassische Abschlüsse können Sie genauso in Ihr Profil einbinden, wie Berufserfahrungen, Seminare oder bestimmte Projekte, die Sie abgeschlossen haben. Auch „normale“ Abschlüsse und Zeugnisse lassen sich integrieren, die Plattform akzeptiert deutsche Hochschulen und Fachhochschulen und erkennt diese Abschlüsse an. Degreed versteht sich auch als Dokumentationszentrum für Bildung generell und möchte bewusst auch nichtformale Bildung einbeziehen.

Das Profil auf Degreed. Sie verwalten dort Ihre Kompetenzen und Interessengebiete.

Das Einbinden der Abschlüsse und Erfahrungen funktioniert über Ihr Profil auf Degreed. Sie können mit dem Plus-Symbol in Ihrem Profil Abschlüsse, informelle Lernprozesse oder Projekte, in denen Sie etwas gelernt haben, einfügen. So binden Sie zum Beispiel auch Berufserfahrung und die Kompetenzen in Degreed ein. Zur nichtfomalen Bildung zählen bei Degreed Plattformen wie OpenLearn, OpenYale oder StudyBlue oder Erfahrung im Beruf oder in verschiedenen Projekten. Diese Integration nichtformaler Bildungsangebote geht sogar so weit, dass Videos von Last Week Tonight als Lernvideos für die politische Bildung zählen. Es ist natürlich kurios, dass ein Comedyformat – so informativ John Oliver auch ist – als Lernvideo zur Gesundheitsreform in den USA auf Degreed zu finden ist. Ähnlich merkwürdig sind manchmal Erklärvidos: Es gibt beispielsweise in Psychologie ein gutes Erklärvideo zum Thema Coaching, das auch zur Weiterbildung auf Degreed zählt.

Das ist aber nur konsequent und passt gut zum Anliegen Degreeds, nicht nur Onlinebildung auf einfachere Weise zugänglich zu machen, sondern generell verschiedene Wege der Bildung anzuerkennen. Die Vorstellung formaler Bildung enthält häufig auch eine enge Vorstellung davon, wie Inhalte „richtig“ vermittelt werden: Nämlich in ordentlichen Seminaren und Vorlesungen. Gerade aber bei Selbständigen gibt es häufig autodidaktische Lernprozesse, viele Menschen lernen auch stärker durch Praxis und Erfahrung und Degreed möchte diese verschiedenen Wege der Bildung abbilden.

Fazit: Für wen lohnt sich Degreed?

Insgesamt ergibt sich bei Degreed für mich ein gemischtes Fazit. Das Angebot stammt erkennbar aus den USA, viele Angebote und Kurse sind englisch. Wenn Sie in erster Linie auf Deutsch lernen möchten, ist Degreed sicher nicht geeignet. Es fehlen für den deutschen Markt noch anerkannte deutschsprachige Kurse und Weiterbildungen sowie eine Integration in XING oder deutsche Kompetenzbeschreibungen (Noten für Zeugnisse sind beispielsweise nach dem amerikanischen System gehalten).

Mit Udemy und iTunes University haben Sie einige deutschsprachige Anbieter dabei. Die Plattform ist sinnvoll, wenn Sie ein längeres E-Learningprojekt verfolgen oder regelmäßig lernen möchten. Falls Sie regelmäßig Onlinekurse belegen, wenn Sie auf Englisch lernen und vor allem Kurse von verschiedenen Anbietern belegen möchten, dann ist Degreed eine gute Plattform für Sie. Genauso, wenn Sie an Themen regelmäßig dranbleiben wollen, hilft Ihnen Degreed mit einer guten Dokumentation ihrer Fortschritte und mit verschiedenen, auch niedrigschwelligen Lernangeboten. Wenn Sie so Ihre Kompetenzen verbessern oder auffrischen möchten, ist Degreed sicher eine Überlegung wert.

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