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Meditation als Update für den Geist

Die Elite aus dem Silicon Valley war schon immer aufgeschlossen gegenüber Meditation und fernöstlicher Spiritualität. Heute geht es aber nicht mehr um Räucherstäbchen und Hippie-Romantik. Warum passt Meditation so gut in unsere Zeit und warum wird Achtsamkeit zu einer Gehirntechnik für die Leistungselite?

Schon seit Steve Jobs hatte Meditation ihren Platz im Silicon Valley. Der Apple-Gründer ist bekannt für seine intensive Beschäftigung mit Zen, manche führen sogar das Design von Apple auf einen Zen-buddhistischen Minimalismus zurück. Die Konferenzen der Buddhist Geeks oder in der Wisdom 2.0 sprechen heute Menschen an, die in der Wissenschaft, der Wirtschaft oder im Technologiesektor arbeiten und zur Leistungselite gehören.

Was macht Meditation heute attraktiv? Warum spricht diese spirituelle Technik Menschen an, die technikaffin sind oder in der Wissenschaft arbeiten? Was macht Meditation heute beliebt bei Menschen mit verantwortungsvollen Aufgaben?

Meditation wird entmystifiziert

Ein Grund für die Attraktivität von Meditation heute, bei akademisch gebildeten Leistungsträgern, liegt sicher an einer großen Ähnlichkeit zu einer wissenschaftlichen Methodik. Achtsamkeitsmeditation erfordert kaum Glaubenssätze, sondern ist viel eher ein Training geistiger Fähigkeiten, das sich in einer psychologischen oder neurowissenschaftlichen Terminologie beschreiben lässt. Bei der Popularisierung von Meditation in den letzten Jahren wird die spirituelle Technik stärker als geistiges Trainig dargestellt.

So versteht der in den USA bekannte Meditationslehrer Shinzen Young Meditation als eine Technik der Selbstwahrnehmung, die sich schrittweise verbessern lässt. In seinen Vorträgen erläutert er Achtsamkeit als Training von drei geistigen Fähigkeiten: Konzentration (concentration), Klarheit von Sinneswahrnehmungen (sensory clarity) und Gleichmut (equanimity).

Einen ähnlich nüchternen Ansatz hatten schon Jon Kabat-Zinn, der mit seinem MBSR-Programm Meditation bereits in den 1970er Jahren Meditation zu einer psychischen Technik zur Behandlung von Stresszuständen machte. Auch Steven Batchelor versteht die buddhistische Lehre als geistiges Schulungsprogramm und prägte dafür den Begriff secular buddhism.

Diese neue Auffassung von Achtsamkeit und Meditation setzten ein großes Gewicht auf die technischen Aspekte von Achtsamkeit. Meditation und Achtsamkeit werden entmystifiziert, sie werden zu erlernbaren Geistestechniken, die einen konkreten Nutzen bringen und verlieren damit ihren esoterischen Anstrich. Ein weiterer Faktor bei der Rezeption klassischer Meditationstechniken in einem akademischen Umfeld war sicher die neurowissenschaftliche Forschung zur Meditation, vor allem der stark standardisierten MBSR-Programme.

Gehirnveränderungen durch Meditation lassen sich neurowissenschaftlich immer besser nachweisen. Vor allem konnten Wissenschaftler in den letzten Jahren viele positive Effekte von Meditation auf das Gehirn nachweisen. Neben der oben geschilderten Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit hat Meditation wahrscheinlich positive Auswirkungen auf Alterungsprozesse, auf den Abbau der grauen Masse im Gehirn und, das ist schon längere Zeit bekannt, hat Meditation auch positive Wirkungen auf Ängste.

Die wissenschaftliche Untermauerung dieser Erkenntnisse trägt wahrscheinlich mit dazu bei, dass Meditation bei Akademikern und Menschen in wissensintensiven Berufen verstärkt Anklang findet.

Meditation fördert Konzentration und Entspannung

Meditation passt wahrscheinlich auch deshalb gut in unsere Zeit, weil sie Fähigkeiten fördert, die gerade heute gefragt sind. Viele Menschen empfinden den digitalisierten Alltag als relativ hektisch und fremdbestimmt. Über das Thema Entschleunigung ist Meditation in Deutschland wieder populär geworden. Seminare zum Thema „digitales Fasten” oder “Digital Detox” werden beliebter und möchten neben Entstressung einen bewussteren Umgang mit digitaler Technik fördern.

Meditation ist dafür das ideale Werkzeug. In einem Meditationskurs oder einem Retreat verzichten Sie zeitweise auf Smartphones und digitale Kommunikation. Die strengen Formen finden sogar im Schweigen statt, die Teilnehmer sprechen in diesen Kursen nicht untereinander. In der Meditation haben Sie Gelegenheit, zu sich zu kommen, zu einfachen Wahrnehmungen und diese Technik führt nachweislich zu mehr Entspannung.

In dem kurzen Video auf Youtube von Tobias Esch erläutert der Meditationsforscher die stressmindernde Wirkungen von Meditation. Er konnte in einigen Versuchen nachweisen, dass nach einer Meditationseinheit Stresshormone abgebaut wurden und damit eine Entspannungsreaktion eintritt.

Viele Meditierende berichten häufiger von Zuständen tiefer Stille, die als sehr angenehm empfunden werden. Das ist sicher einer der wichtigen Punkte für heutige Leistungsträger oder Digitalarbeiter. Mit Meditation können Sie sehr schnell und unkompliziert abschalten und entspannen, ein Bedürfnis für Menschen mit einem stressigen Alltag.

Der zweite Punkt ist die positive Auswirkung von Meditation auf die Konzentrationsfähigkeit. Wir müssen heute mit vielen Impulsen umgehen, gerade, wenn Sie am Computer arbeiten ist das wichtig, fokussiert zu bleiben. Hier kann Meditation sehr helfen. Nach neueren Studien sind Meditierende besser in der Lage, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren. Konzentration ist heute essentiell, zwar ist es hin und wieder angenehm, den Geist schweifen zu lassen, aber wirklich hilfreich ist das im Alltag eher selten.

Konzentration ist ein schlechter Begriff für die Fähigkeit Meditierender, ihren Geist zu sammeln. Häufig hat Konzentration angestrengte Konnotationen, wir wurden alle in der Schule dazu angehalten, “uns zu konzentrieren”.

Die Sammlung des Geistes in der Meditation unterscheidet sich von diesen angestrengten Fokussierungsübungen. In den yogischen und buddhistischen Traditionen wird die Qualität des Geistes, die hier gemeint ist, als Samadhi bezeichnet, das bedeutet “Einspitzigkeit” oder “Einsgerichtetheit”. Damit ist ein Geist gemeint, der sich voll auf ein Objekt einlässt und nicht hin- und herschweift.

Diese Form der Konzentration in der Meditation ist eine eher freundliche, wenn auch bestimmte Form der Aufmerksamkeitslenkung. In der Meditation übt man, bei einem Objekt zu bleiben, Meditierende trainieren sich darin, ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf Atem und Körperempfindungen zurückzulenken. Diese Form der Aufmerksamkeitslenkung wird aber ohne Zwang oder innere Konflikte gelehrt. Abschweifende Gedanken und Impulse sind zwar existent, es geht jedoch darum, die Aufmerksamkeit immer wieder zum gewählten Objekt der Meditation zu bringen, etwa sich auf den Atem zu konzentrieren und sich immer wieder zu sagen: „Gedanken kommen und gehen“.

Sehr eindrucksvoll lässt sich die bessere Konzentrationsfähigkeit von Meditierenden im Alltag anhand des sogenannten “attention blick”-Testes zeigen. Bei diesem Test werden Menschen in schneller Folge eine Reihe von Zahlen gezeigt, dazwischen befinden sich einzelne Buchstaben. Die Testpersonen sollen die Buchstaben benennen, nachdem die ganze Reihe gezeigt wurde.

Meditierende können das sehr viel besser als die Kontrollgruppe ohne Meditationserfahrung, wie eine Kognitionswissenschaftliche Studie zeigt und dieser Effekt lässt sich sogar im höheren Alter nachweisen.

Meditation für Führungskräfte in Unternehmen

Diese Effekte sind auch für Unternehmen interessant. Neben einer besseren Konzentrationsfähigkeit und Entspannung gibt es Anzeichen dafür, dass Meditation auch das Führungsverhalten verbessert. Der Zen-Lehrer und Unternehmensberater Paul Kohtes sieht in einem Interview mit Ethik-Heute vor allem die zunehmende Selbstreflexion als positiven Effekt von Meditation. Führungskräfte profitieren davon, die eigenen Impulse und Antriebe, die eigene psychische Struktur besser zu kennen und genau dabei hilft Meditation weiter.

Aus diesem Grund gibt es mehr Publikationen zum Thema Achtsame Führung oder Supervision und Achtsamkeit. Zwar ist das Thema in Unternehmen noch ein Randthema, aber Meditation wird mehr und mehr in der Arbeitswelt adaptiert. Die Demystifizierung von Meditation ist ein wichtiger Schritt, diese Technik in einem säkularen Kontext zugänglich und anwendbar zu machen. Gerade bei der Dynamik, die Digitalisierung entfaltet, bietet Meditation einen leicht zu lernenden Zugang zu sich und dazu, wieder zum eigenen Geist zu kommen und das ist eine wichtige Ressource in unserer Arbeitswelt.

Die wahre Stärke von Meditation sehe ich darin, dass sie die Selbstwahrnehmung unterstützt. So wichtig Entschleunigung und bessere Konzentration auch heute sind, die Herausforderungen der Digitalisierung liegen auch noch in anderen Bereichen. Wenn Sie eine tiefgreifende Veränderung gestalten wollen, erfordert das zunächst Distanz, die Wahrnehmung von Verhaltensmustern und den Mut, neue Wege zu gehen. Bei diesen Aufgaben kann Meditation helfen und Ihren persönlichen Transformationsprozess unterstützen, gerade auch im produktiveren Umgang mit bestehenden Ängsten, die bei größeren Veränderungsprozessen stärker ausgeprägt sind.

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