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Der digitale Wandel als Chance

Mit dem digitalen Wandel kommen viele Umbrüche und Veränderungen in der Gesellschaft. Die deutsche Wahrnehmung der Digitalisierung ist häufig eher pessimistisch bis apokalyptisch. Doch zu Unrecht. Es gibt genügend Gründe für eine Aufbruchstimmung und eine positive Wahrnehmung der digitalen Transformation.

Vor ein paar Wochen kam es auf Twitter zu einer Diskussion zum Thema Digitalisierung. Ausgangspunkt war eine Fachtagung zur digitalen Bildung, an diesen Diskussionsstrang hängten sich verschiedene Kommentare und Meinungen zur Digitalisierung an. Dabei ist mir wieder aufgefallen, wie negativ die Wahrnehmung in Deutschland zu diesem Thema ist, in einem Tweet wurde eine Umfrage zum deutschen Mittelstand zitiert, nach der 30 Prozent der Befragten Angst vor dem Thema hatten, für eine großen Mehrheit war die Digitalisierung eine „Pflichtveranstaltung“. Euphorie sieht anders aus! Das ist jetzt nur eine Einzelbeobachtung, aber ich habe generell den Eindruck, dass der digitale Wandel in Deutschland eher kritisch gesehen wird.

Herr Felser bringt diese Mentalität in seinem Artikel über Tim Cole gut zum Ausdruck. Entweder wird Digitalisierung als Geschwätz wahrgenommen oder als ein notwendiges Übel. Das Thema ist halt gerade im Management dran und deshalb müssen alle mitmachen (weil es eben alle machen). Natürlich ist eine gewisse Skepsis gegenüber einigen hochfliegenden Visionen verständlich, mich stört aber die passive und einfallslose Weise, wie häufig mit dem Thema Digitalisierung umgegangen wird. Dieses Beispiel zeigt einmal wieder mehr, wie sehr der digitale Wandel ein kulturelles Phänomen ist und wie stark das Thema mit sozialen Praktiken und der jüngeren Geschichte verwoben ist.

Digitalisierung wird zu technokratisch aufgefasst

Ein wesentlicher Grund für eine fehlende Initiative und Euphorie in Deutschland liegt meiner Ansicht nach in einer zu engen Auffassung von Digitalisierung. Der digitale Wandel wird häufig nur als “Update” der bestehenden Strukturen aufgefasst, der Begriff “Industrie 4.0” ist dafür ein gutes Beispiel. Industrie 4.0 bedeutet, dass einfach die bestehende Industrie jetzt neu digital vernetzt wird, mehr ändert sich nicht. Tomas Sattelberger weist in einem Interview mit Marcus Klug auf diese Engführung hin. Mit dem Schlagwort “Industrie 4.0” wird die Digitalisierung auf die Industrie verengt und das Potenzial für organisatorische Veränderungen wird aufgeblendet. Die Organisation der Arbeit bleibt wie sie ist, aber jetzt wird alles nochmals digital überformt. Dabei kommt sicher keine positive Stimmung auf!

Manchmal wird auch die Einführung von Software sehr technokratisch angegangen. Es geht dann darum, dass die Beschäftigen ein neues Tool lernen und beherrschen. Bei Schulungen erlebe ich dann, dass Digitalisierung schnell zu einer Verpflichtung wird, die für die Mitarbeiter nicht recht nachvollziehbar ist und in erster Linie einen Lernaufwand erfordert. Welche Möglichkeiten und Vereinfachungen mit digitaler Technik da sind, gehen bei einem solchen engen technischen Verständnis von Digitalisierung sehr schnell verloren. Digitalisierung wird so zu einem weiteren Pflichtthema, kein Raum für Gestaltung.

Negative Auswirkungen der Digitalisierung sind im Fokus

Die fehlende Begeisterung oder Enthusiasmus stammt sicher auch daher, dass in den öffentlichen Debatten die negativen Aspekte der Digitalisierung überwiegen. Beim Thema Zukunft der Arbeit geht es häufig um die Jobverluste durch Digitalisierung und um Arbeitslosigkeit. Flexibilisierung und neue Arbeitsformen werden sehr kritisch dargestellt, flexible Arbeit wird schnell mit Clickworking und prekären Verhältnissen gleichgesetzt, wobei meiner Ansicht nach die positiven Aspekte zu kurz kommen.

Stattdessen werden häufig Horrorszenarien evoziert. Floskeln wie “Wer nicht komplett digitalisiert, verliert” oder “Adapt or Die” sind nicht geeignet, Vertrauen in den Wandel zu fördern. Es geht häufig in der Diskussion um die Wegrationalisierung durch Roboter um Arbeitsplatzverluste oder Beschleunigung als negative Konsequenz der digitalen Technik. Die Debatte hat sich in den letzten Jahren versachlicht, in neueren Artikeln diskutieren Philosophen und IT-Experten über digitale Grundrechte und die Angst vor der Digitalisierung hat nach neueren Umfragen nachgelassen. Nach wie vor erlebe ich aber eine große Skepsis, die auch aus einer einseitigen öffentlichen Diskussion stammt.

Ein neues Paradigma für die Digitalisierung

Ich selbst halte die Digitalisierung nicht für eine Pflichtveranstaltung, noch für ein unvermeidbares Übel. Ich denke, das Internet bietet einfach viel mehr als nur eine neue Art Informationen zu verteilen, sondern ganz neue Formen der Organisation. Flexibilität ist ein gutes Beispiel dafür. Eine flexible Organisation kann sehr positiv sein, für alle Mitglieder der Organisation. Es geht bei Flexibilität nicht nur um eine besonders ausgeklügelte, digitale Vertriebsstrategie oder Marketing, von einer flexiblen Organisation können alle profitieren und das wird durch das Internet möglich.

Science fiction does not remain fiction for long. And certainly not on the internet.
Vinton Cerf

Sie können beispielsweise die Arbeitszeit so flexibilisieren, dass die Mitarbeiter wirklich davon profitieren. Ein Beispiel aus unserem Buch “Morgen weiß ich mehr” sieht so aus. Die Mitarbeiter haben in einer flexiblen Organisation nur noch sehr minimale Präsenzzeiten, von drei oder vier Stunden am Tag, den Rest können Sie frei gestalten. Die Mitarbeiter arbeiten 40 oder 30 Stunden in der Woche, wie und wann Sie diese Stunden arbeiten, ist ihnen aber zum großen Teil selbst überlassen.

Klingt nach Science Fiction? Das gibt es jedoch bereits und das bei einem klassischen Industrieunternehmen. Diese flexible Organisation bietet große Vorteile für Mitarbeiter, vor allem lassen sich Familie und Kinder in einer solchen flexiblen Organisation viel besser organisieren und sind ein Mehrwert an Lebensqualität. Genauso kann Digitalisierung auch die Arbeitsqualität fördern. Anstatt in einem Industrieparadigma, mit einem tayloristischen Ansatz zu arbeiten, können die Mitarbeiter sich viel besser selbst organisieren, auch das wird mit digitalen Methoden möglich.

Dadurch gewinnen die Mitarbeiter mehr Verantwortung und die Anforderungen an den Beruf ändern sich. Sie sind stärker gefordert, die Teamprozesse selbst zu organisieren. Ein Beispiel für eine solche Organisation sind Spotify und Blinkist, zwei Unternehmen, die sehr stark auf agile Organisationsformen setzen. Mehr Selbstverantwortung ist kein nettes kleines Zusatztool für ein Unternehmen, sondern kann eine Organisation grundsätzlich verändern – zum Besseren. Für die Arbeitszufriedenheit spielen Selbstbestimmung und abwechslungsreiche Arbeit eine große Rolle neben dem Gehalt. Eine digitale Organisation, die den Mitarbeitern mehr Verantwortung und eine stärkere Kontrolle über die Work-Life-Balance bietet, kann damit ein wichtiger Baustein für ein Unternehmen sein und ist nicht nur die Digitalisierung der bestehenden Prozesse.

Digitalisierung bietet also mehr als das Drehen an der Effizienzschraube und könnte viel offensiver und gestalterischer umgesetzt werden. Zwar ist Angst vor Veränderungsprozessen verständlich, für eine aktive Gestaltung des digitalen Wandels ist sie aber kein guter Ratgeber. Sie können mit dem richtigen Einsatz digitaler Technik viel mehr bewegen, als nur bestehende Prozesse zu verbessern. Mehr Informationen und Beispiele, sowie konkrete Umsetzungen finden Sie in unserem Buch Morgen weiß ich mehr. Intelligenter lernen und arbeiten nach der digitalen Revolution

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