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Anstiftung zum utopischen Denken: Virtuelle Unternehmen

Eve Büchner gründete ein Unternehmen, das ganz ohne Büro auskommt. Thomas Jakel und Bastian Kröhnert wollten ihr Business mehr automatisieren, um gleichzeitig auch viel zu verreisen. So fuhr Jakel mit dem Fahrrad von Berlin nach Indien. Bei beiden Gründungen handelt es sich um virtuelle Unternehmen.

Mich fasziniert diese Idee schon seit vielen Jahren: Ist es tatsächlich möglich ein eigenes Unternehmen ohne externe Finanzierung, ohne Büroräume und kostenaufwendige Materialien, zu gründen? Ich muss dabei immer an die bereits verstorbene Trainerin und ehemalige Leiterin des „Instituts für gehirngerechtes Arbeiten“ denken – Vera F. Birkenbihl. Vera F. Birkenbihl gründete einen Verlag und 1973 das „Institut für gehirn-gerechtes Arbeiten“. Sie selbst schrieb zahlreiche populäre Lehrbücher, führte Beratungen durch und war vor allem im Bereich der Erwachsenenbildung als Trainerin zu solchen Themen wie gehirngerechtes Lernen, Management und Persönlichkeitsentwicklung, unterwegs. Heute könnte man ein ähnliches Institut ausschließlich über jene Möglichkeiten gründen, die einem das Internet bietet. Aber wie funktioniert das? Wie gründet man eine virtuelle Organisation?

Das virtuelle Unternehmen

Ich habe für die Frage, wie ein virtuelles Unternehmen funktioniert, zwei überzeugende Beispiele entdeckt: Refund me und Strandschicht. Dabei finden Sie diese Idee bereits in den 1990iger Jahren in der Fachliteratur. Damals war es allerdings noch wesentlich schwieriger, ein solcher Unternehmen zu gründen, da die Entwicklung von digitalen Technologie noch nicht so weit war. Das hat sich allerdings mittlerweile grundlegend verändert. Was damals noch Utopie war, ist heute bereits Realität. Auch wenn diese Idee und derartige Unternehmensgründungen noch nicht so populär sind, wird die Anzahl an virtuellen Unternehmensgründungen in den nächsten Jahren mit Sicherheit international deutlich ansteigen.

Was versteht man unter einem „virtuellen Unternehmen“? Definition Gabler Wirtschaftslexikon: „Die virtuelle Organisation stellt eine Form der Netzwerkorganisation dar, die sich aus mehreren, eher kleinen und überschaubaren Einheiten zusammensetzt und durch einen mehr oder weniger umfangreichen Einsatz gemeinsamer Informations- und Kommunikationstechnik auszeichnet, die für das Konzept und den Erfolg der virtuellen Organisation zentrale Bedeutung besitzt. Durch die Virtualisierung soll die gesamte Wertschöpfungskette optimiert und die Ausrichtung.“

Bei der Organisationsform der „virtuellen Unternehmen“ sollte man zudem noch die Marktentwicklung beachten, die sich in den letzten Jahren immer stärker herauskristallisiert hat. In wesentlichen Segmenten wandelt sich der Markt für Produkte und Dienstleistungen von einem Anbieter- zum Käufermarkt. Produziert wird nicht mehr für einen anonymen Massenmarkt, sondern für Einzelkunden mit individuellen Produkt-, Liefer- und Qualitätsanforderungen. Zudem wird diese Entwicklung durch den digitalen Wandel auf rasante Weise beschleunigt. Das stellt die Entwickler von Produkten vor neuen Herausforderungen: Da der Trend zur starken Individualisierung neigt, müssen Produktentwickler im Zeitalter der digitalen Transformation auch immer mehr dazu in der Lage sein, ihr Produkt nach spezifischen Bedürfnissen zu diversifizieren.

Nehmen wir ein Beispiel: Sie planen als Knowledge-Maker einen Online-Kurs zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Dieser Kurs könnte jetzt „real“ an Universitäten und Weiterbildungsinstituten stattfinden, genauso gut aber auch als Online-Kurs auf solchen Plattformen wie Udemy angeboten werden, als Hörbuch und so weiter. Das ist mit Diversifizierung gemeint – je nachdem, was der Kunde wünscht, wie viel Geld er ausgeben möchte und wie seine medialen Vorlieben ausfallen: Digital Native oder Digital Immigrant?

In Anbetracht der digitalen Möglichkeiten möchte ich in diesem Beitrag vor allem von solchen virtuellen Unternehmen sprechen, die wie ein virtuelles Büro funktionieren, und die digitale Tools und Cloud-Dienste dazu nutzen, ortsunabhängig zu arbeiten sowie das eigene Geschäft stärker zu automatisieren, um sich beispielsweise mehr auf strategische Entscheidungen zu konzentrieren.

Beispiel 1: Refund me

Wie schaffte es Eve Büchner in einer von Männern dominierten Branche, ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen, ohne jeden Tag ins Büro zu müssen?

Bereits vor der Gründung von Refund me überlegte sich die ehemalige TV-Moderatorin Eve Büchner, wie sie ihre Kinder in ihre berufliche Abläufe integrieren könnte. Ihre Idee lautete so: Wessen Flug sich um Stunden verspätet, der kann sich immerhin mit der Aussicht auf eine finanzielle Abfindung trösten – zumindest eigentlich. Denn prinzipiell sind Fluggesellschaften dazu verpflichtet – gemäß einer EU-Verordnung – bei Verspätung bis zu 600 Euro an Entschädigungen zu zahlen. In der Praxis lösen aber nur die wenigsten Personen diesen Anspruch ein. Also dachte sich Büchner: Wieso nicht ein Unternehmen gründen, dass diesen Menschen dabei hilft, diese Fälle mithilfe von Partneranwälten für die Fluggäste zu klären und nur im Erfolgsfall Provisionen zu verlangen?

Ich führe meine Unternehmen weitgehend Cloud-basiert. Dementsprechend gibt es auch nur mein Büro, in dem mein Team und ich zusammenkommen. Dieser Ansatz ermöglicht mir die Koordination meiner Mitarbeiter, der Unternehmensaktivitäten und meiner Familie gleichzeitig. Als Mutter von drei Söhnen muss ich mir auch Zeit für meine Familie nehmen. Die virtuelle Zusammenarbeit in der Cloud ermöglicht mir und meinem Team, unsere Arbeitszeiten zu flexibilisieren.

Diese Idee führte zur Gründung des virtuellen Unternehmens Refund me, den Büchner wollte nicht mehr in einem externen Büro arbeiten, sondern ihr Unternehmen quasi von zu Hause aus koordinieren: kindgerecht und cloudbasiert. Prinzipiell sieht sie ihre Mitarbeiter nur relativ selten, denn in ihrem Unternehmen gibt es kein gemeinsames Büro. Wichtige Dinge werden per E-Mail, Skype und Telefon abgestimmt. Büchner ist es prinzipiell egal, wo die Leute für Sie arbeiten, was zählt sind die Ergebnisse. Einzelne ihrer 40 Mitarbeiter, darunter zahlreiche Frauen, arbeiten entweder von zu Hause aus oder aber lieber in Cafés,  manche sitzen auch in gemeinsamen Coworking Spaces zusammen. Dabei sind ihrer Mitarbeiter – darunter unter anderem Programmierer, Kundenbetreuer und Marketingexperten – quer über den Erdball verteilt. Darunter Menschen aus Deutschland, Madrid, Miami oder Mumbai.

Die ehemalige TV-Moderatorin und heutige Entrepreneurin verbringt ihr Jahr so wie viele ihrer Mitarbeiter in ganz unterschiedlichen Kulturen. So verbringt sie in etwa sechs Monate im Jahr in Kalifornien, wo der Sitz der Holding ist, und in Florida, wo ihr Lebensgefährte zu Hause ist. Die andere Hälfte des Jahres arbeitet Büchner von ihrer Potsdamer Villa aus.

Beispiel 2: Strandschicht

Wie gelang es Thomas Jakel – einen der beiden Gründer von Strandschicht –, das Unternehmen zu führen, während er mit dem Fahrrad von Berlin nach Indien unterwegs war?

Als Bastian Kröhnert zusammen mit seinem Geschäftspartner Thomas Jakel das virtuelle Unternehmen Strandschicht gründete, bestand die Idee darin, ein Unternehmen zu gründen, mit dem man sich gleichzeitig auch seinen eigenen Lifestyle finanzieren kann – ohne ein festes Büro. Im Falle von Thomas Jakel und Bastian Kröhnert vor allem das Reisen: So fuhr Jakel mit dem Fahrrad von Berlin nach Indien, um für einen guten Zweck Spenden einzusammeln, während Kröhnert gar bei einem Meister in den chinesischen Wudang-Bergen Kung-Fu lernte.

Das eigentlich Faszinierende an der Idee von virtuellen Unternehmen: Auch wenn Sie selber kein eigenes Unternehmen gründen wollen, können Sie heute dank der digitalen Möglichkeiten ein eigenes Geschäftsmodell neben der Arbeit realisieren, das auf diesen Möglichkeiten basiert. Um Ihre Geschäfte zu koordinieren, benutzen Sie beispielsweise wie auch die Gründer von Strandschicht solche kostenlosen Online-Werkzeuge wie E-Mail, Evernote, Skype oder Google-Analytics. Und damit Sie sich auf wesentliche Aufgaben konzentrieren können, können Sie zahlreiche Tätigkeiten mit Hilfe von virtuellen Assistenten für relativ wenig Geld auslagern: etwa Recherche und Marketing. Alles, was Sie dafür brauchen, ist eine funktionierende Produktidee.

Strandschicht ist als Unternehmen ein Projekt, in dem von vornherein in monatelanger Vorbereitung das Ziel vorbereitet worden ist, den supermobilen Lebensstil der Inhaber zu finanzieren. Dabei wird man nicht reich, aber man kann dadurch einen alternativen Lebensentwurf in die Praxis umsetzen. Kröhnert hat selbst Betriebswirtschaft studiert und wurde bei der Gründung durch das Buch „Die 4-Stunden-Woche“ von Timothy Ferriss inspiriert. Darin geht es vor allem um die Frage, wie man die eigene Arbeitszeit innerhalb eines Projekts – das auf digitalen Technologien basiert –, durch Outsourcing und Automatisierung wesentlich reduzieren kann.

Strandschicht vermittelt sogenannte „Virtuelle Persönliche Assistenten“ (VPAs) an Kleinunternehmen und Einzelpersonen. Klassische Assistenzdienste wie Recherche, Reisebuchung oder Marketing oder das Erstellen einer Präsentation können von Strandschicht zu einem relativ kostengünstigen Tarif angeboten werden, weil die beiden Gründer unterschiedliche Lohngefälle und Zeitzonen nutzen. Denn die meisten Assistenten kommen bei Strandschicht aus Osteuropa – unter ihnen auch viele Studierende. Die rund 30 Helfer leben in Rumänien, Polen, der Tschechoslowakei oder Bulgarien. Kommuniziert wird über Telefon und Mail. Zudem nutzen die Gründer solche kostenlosen Online-Werkzeuge wie Evernote oder Google-Analytics, E-Mails und Skype-Videotelefonie.

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